Zeit ist der Schlüssel. Der Athlet oder die Athletin mit der schnellsten Entwicklung hat einen uneinholbaren Vorsprung. Daher ist Zeit in den Köpfen vieler Sportler ein Luxusgut, welches sie nicht haben. Entsprechend sind Trainingszyklen eng getaktet und der Druck auf das Trainerteam ist oftmals enorm. Progression – die inhaltliche Steigerung der Intensitäten und Übungen im Prozess – wird proaktiv rasch forciert und vorangetrieben. Jede Woche steht die Frage nach einer höheren Intensität, einer schnelleren Umsetzung von noch mehr Gewicht im Raum. TrainerInnen und AthletenInnen sind zufrieden, wenn die Entwicklungskurve im zeitlichen Verlauf steil nach oben geht. Nur dann arbeitet man professionell. Es wird ein tägliches Mantra.

Ich beschreibe das mit folgendem Bild: Stell dir ein Hochhaus mit x Etagen vor. Am Anfang einer Trainingssaison stehst du vor dem Haupteingang im Erdgeschoss und dein Ziel ist es, auf dem Dach anzukommen. Jedes Stockwerk stellt eine Kraft- oder Intensitätssteigerung deines Trainings dar. Wer schnell oben ankommen will, stürmt ins Haus, sucht das Treppenhaus und sprintet dort zur Dachetage. Fertig – erster oben, vor allen anderen. Eindrucksvoll habe ich bewiesen, wie hart und eisern ich bereits im Training bin. Der sportliche Erfolg ist mir sicher.

Ich kann gar nicht bestreiten, dass diese Strategie des beschriebenen Zeitmanagements mein Handeln zu Beginn meiner Trainerlaufbahn für mich sinnvoll und nachvollziehbar war. Ich kannte das so von disziplinierten Trainern, denen ich nacheiferte.

Check the edges:

Einer meiner ersten Kunden aus dem Spitzensport war ein männlicher Handballer (19), der von mir leistungsorientiert betreut werden wollte. Er hatte sich nach einer Verletzung wieder eine Sportfreigabe erfolgreich erarbeiten und war nun im Begriff, die „verlorene Zeit“ motiviert aufzuholen. Klar – rein ins Haus, Treppenhaus suchen und schnell zum Stockwerk der Teamkollegen aufschließen! Wir arbeiteten gemeinsam hart und konsequent. Technisch und inhaltlich waren die Übungen klar definiert und wurden mit viel Kontrolle sauber ausgeführt. Der rote Faden war sinnvoll stimmig und der Weg vom therapeutischen zum athletischen war bewusst gegeben. Wir hatten uns geeinigt, dass trotz des Zeitfaktors stets so viel Zeit sein musste, um jede Entwicklungsphase – also jedes Stockwerk – abtrainiert werden musste. Ein Überspringen von Etagen kam für uns nicht in Frage. Wir hatten ein gutes Gefühl. Die Prozesse waren sorgfältig, verantwortungsvoll und auch zielorientiert innerhalb unserer Erwartungen gestaltet und geplant.

Und doch war es so, dass nach einiger Trainingszeit sich die Probleme der vergangenen Verletzung immer wieder leicht bis mittelkräftig gezeigt hatten. Mit jeder Steigerung der Intensität und jedem neue erreichtem Stockwerk wurden die Störungen mehr und mehr. Dabei hatten wir zuvor technisch sauber und mit Bedacht gearbeitet.

Point of return:

Was übersehen wir. Welchen Fehler machen wir, wenn wir doch in unserem Verständnis die Qualität der Vorstufe gut beherrschen. Welchen Grund gibt es, nicht ins nächste Stockwerk zu gehen. Haben wir im vorherigen Stockwerk etwas vergessen? Was dies Vorstufe noch gar nicht beendet, um erfolgreich in Progression zu gehen?

Wir haben das letzte Stockwerk gesucht, auf dem die gesetzten Inhalte störungsfrei umgesetzt werden konnten. Hier ist die Hürde zur problembehafteten Progression. Hier musste der Grund liegen. Wir haben das nächste Stockwerk erstmal aus dem Fokus genommen und forschten, ob es auf diesem Level noch Punkte gibt, die erarbeitet werden müssen. So hielten wir die Intensität von Last, Tempo und Dauer gleich, arbeiteten aber in einer Vielzahl an Bewegungsvariationen. Und hier wurden wir fündig. Es zeigten sich unklare Bewegungsmuster, die bei entsprechender Intensität nicht adäquat kontrolliert werden konnten. Hier wurde sofort technisch gearbeitet und nachgeschult. Wir haben uns etwas mehr Zeit für die Etage gegeben, um nichts zu vergessen.

Wir haben begonnen, auch die Ränder und Ecken zu integrieren, damit mit einer breiten Belastbarkeit in technischer und organisatorischer Organisation eine Intensitätssteigerung vernünftig vorgenommen werden konnte. Dies behielten wir in allen weiteren Stufen aufrecht und haben somit gute Entwicklungen bei keinerlei Störungen mehr erfahren.

Konsequenzen:

Progression ist zweifelsohne wichtig für Entwicklung. Aber die Kontrolle für mögliche Störfaktoren sollte dabei eine zentrale Rolle spielen. Seit diesem Ereignis haben wir das zeitliche und organisatorische Gefüge für Pro- und Degression neu überdacht und uns Räume zugesprochen, um unnötige Rückschritte zu vermeiden. Im Ganzen haben wir somit sogar Zeit gewonnen. Wir haben uns losgelöst von einem klassische Training mit reinem Kraft-, Mobilitäts- oder Ausdauercharakter. CHECK THE EDGE erweitert deinen Bewegungshorizont und gibt Eigenkompetenz im Bereich der Kontrolle und Organisation von Intensitäten. CHECK THE EDGES ist seither immer ein zentraler Punkt für all unsere Prozesse und Aufträge im HUMAN PERFORMANCE OPTIMIZATION!