TACTICAL ATHLETIC – angewandte Sportwissenschaft für spezialisierte Kräfte von Polizei und Bundeswehr

Der Name der Veranstaltung lässt vermuten, was Programm ist. Training. Fitness. Spezialkräfte. So klar wie der Rahmen definiert scheint, so verstrickt und komplex sind die Details. Lasst uns Stück für Stück in das Thema eintauchen – aus taktischer und sportwissenschaftlicher Sicht.

Use it or lose it – angewandte Sportwissenschaft

Was bedeutet „Athletik“? Aus unserer jahrelangen Coachingarbeit mit internationalen Spitzensportlern aus verschiedenen Sportarten und Spezialkräften hat diese Definition professionelle Gültigkeit.

Athletik ist die Fähigkeit, Belastungsspitzen ökonomisch und körperfunktionsangepasst in einer Vielzahl und hohen Variabilität zu leisten und die entsprechende Regeneration vollständig und zeitnah umsetzen zu können.

So ist ein Athletiktraining alle notwendigen Maßnahmen und Prozesse in vollständiger Zahl und der richtigen methodischen Reihenfolge zum

  • Erlernen
  • Optimieren
  • Erhalten

von athletischen Fähigkeiten.

In den Definitionen ist eine Vielzahl an einzelnen Bausteinen beschrieben, die für eine erfolgreiche Umsetzung notwendig sind. Was wir hier aus sportwissenschaftlicher Sicht nicht lesen ist: „Viel hilft viel.“, „Training ist nur gut, wenn es weh tut“ und „Nur ein Training in der maximalen Härte ist ein effektives Training.“ Es gibt gute Gründe, genau von diesen alten Floskeln – wer sie auch immer erstellt haben mag – Abstand zu nehmen. Lasst uns gemeinsam verstehen, warum.

Zweifelsohne stehen hinter jedem Soldaten, Polizisten, Spitzensportler, … ganz einfach „nur“ Menschen, die unabhängig von ihrer spezifischen Verwendung im Kern vollkommen gleich funktionieren. Alle Menschen haben daher stets die gleichen grundlegenden Probleme und grundfunktionellen Aufgaben, die sie täglich umsetzen müssen.

Ich gebe euch ein Beispiel: Allein unser aufrechter Gang fordert permanent, konsequent, täglich gleiche Fähigkeiten. Gemessen an unserem hohen Schwerpunkt (Bauch) besitzen wir Menschen eine extrem kleine Grundfläche (Füße). Die Statik ist alles andere als stabil und ist permanenten Schwankungen ausgesetzt. Dazu kommt noch, dass unsere Kommandozentrale (Kopf/Gehirn) am höchsten Punkt die Region ist, die am ruhigsten positioniert sein sollte. Alles in allem eine von der Grundfunktion betrachtet eine ganz schön ungünstige Ausgangslage – die jedoch eine aufrechte Körperposition gewährleistet. Der Preis für die Aufrichtung ist, dass permanent eine extrem hohe Anzahl unserer insgesamt ca. 640 Muskeln allein dafür arbeiten. Dies passiert nicht in einer Härte von einzelnen, großen Muskeln, sondern aus einem punktegenauen Zusammenspiel vieler Muskeln miteinander. Klingt banal, ist für unseren Körper jedoch eine ganz schöne Meisterleistung. Vergleiche es wie ein Virenprogramm auf deinem PC, welches im Hintergrund läuft. Du merkst es nicht, aber dennoch kann es – wenn noch weitere Programme parallel dazu laufen müssen – die Leistungsfähigkeit und Geschwindigkeit ganz schon drosseln.

Weiter dürften wir verstehen, dass es Abläufe und Prozesse im menschlichen Körper gibt, die wir direkt nicht beeinflussen können. So hat das menschliche System beispielsweise (neben vielen weiteren) das Grundbedürfnis „Sicherheit“. Stell dir vor, du stehst vor einem Graben und möchtest auf die andere Seite. Keine Brücke in Sicht. Was tust du? Manch einer würde einfach antworten, nicht lange zu fackeln und einfach zu springen. Das ist in der Tat eine hervorragende Lösung für das aktuelle Problem. Aber wie und wann entscheidest du dich für die Sprungtechnik? Denn, es gibt viele Varianten. Beidbeinig, einbeinig – einbeinig rechts, einbeinig links, mit und ohne Anlauf, …. mit Armschwung, ohne Armschwung, mit oder ohne Schritt in der Luft, … beidbeiniges hartes oder weiches landen, oder doch eher einbeinig? Es gibt unzählige Möglichkeiten, die Situation zu lösen. Du entscheidest dich grundlegend aus einem Trieb der Selbsterhaltung für die sicherste und vielversprechendste Variante. Unterbewusst. Triebgesteuert.

Wie fies ist es eigentlich, dass wir Fähigkeiten oder auch Strukturen, die wir uns mühsam aufgebaut haben, so rasch verlieren? Wie schnell ist eigentlich ein Muskel geschrumpft, wenn wir verletzt sind? Und das Zeitverhältnis zwischen Auf- und Abbau ist auch nicht auf unserer Seite. Ökonomie ist zwar kein Trainingsschmeichler, aber wieder überlebenswichtig. Auch hier werden wir nicht wirklich gefragt, ob uns passt, was hier so passiert – es geschieht einfach. Der Körper behält Notwendigkeiten, denn diese setzen Sicherheit um. Wird ein Bewegungsablauf nicht mehr gemacht, so verliert er an Bedeutung und wird zum Ballast. Use it or lose it…. in den Diensten der Ökonomie!

Der Faktor „Mensch“ hinter spezifischen Profilen unterliegt grundlegenden Prozessen, die als Basisfähigkeiten für existenzielle Bedürfnisse stets und permanent in welcher Form auch immer umgesetzt werden. Hierbei unterliegen diese einer unterbewussten und nicht steuerbaren Kontrolle, denn die Ziele dahinter sind größer als das, was wir bewusst entscheiden könnten. Don’t fight it – work with it!

Run / shoot / communicate – Entwicklung von taktischen Profilen

Wenn die Natur gewollt hätte, dass wir ein Exoskelett oder irgendwelche Gelenksbandagen tragen sollten, dann hätte sie sich viel Komplexität im menschlichen Organismus sparen können. Daher betrachten wir Sportwissenschaftler Körperfunktionen stets von der „nackten“ Seite (ohne Equipment). So sind wir gebaut und so sollten wir uns, unsere Kräfte und Fähigkeiten nutzen. Kein Tier nutzt mehr als das für ihn von der Natur gegebene. Jetzt kann der Mensch aufgrund seines Intellekts Werkzeuge entwickeln und einsetzen. Genau hier beginnt es interessant zu werden. Wir nutzen Dinge als Hilfsmittel und greifen zugleich in unsere grundlegendsten Funktionen ein. Die Folgen daraus sind zum einen nachhaltig gesundheitsfraglich, sowie akut einsatzentscheidend. Wohin entwickelt sich ein Mensch nachhaltig funktionell, der lange Zeit Stiefel trägt. Wie verändern sich Bewegungsabläufe und Lösungsstrategien von Menschen, die über viel Last und einer notwendigen Einengung auf die so mobile Wirbelsäule mit Sicherheitsequipment einwirken. Doch nicht nur Equipment, sondern auch spezifische Bewegungsabläufe sind Variablen unserer permanenten Entwicklung.

Betrachten wir taktische Einsatzszenarien von Polizei- oder Militärspezialeinheiten, so ist ein extrem hohes Maß an technischem Support über Equipment stets gefragt, um notwendige Sicherheits- und Wirkungslagen zu erfüllen. Keine Frage. Hierbei können wir nicht diskutieren, ob wir Equipmentstandards herunterstufen, um der uneingeschränkten Funktion des Körpers gerecht zu werden. Dies ist nicht nur die Situation in taktischen Berufen, sondern auch sehr weit verbreitet in anderen Arbeitsfeldern, sowie Sportarten. Nehmen wir die Situation, wie sie ist, so muss im Sinne einer funktionellen Nachhaltigkeit die Überlegung sein, ob es Möglichkeiten gibt, die möglichen Störfaktoren von Equipment und Taktik klug ausgleichen zu können. Diese Art von bewusster Körperpflege ist natürlich inhaltlich umsetzbar über ein auf ein Profil abgestimmtes Athletiktraining, welches stets den Blick auf die Gesunderhaltung richtet.

Im TACTICAL ATHLETIC läuft dieser von uns umgesetzte Gedanke unter Sicherheit (safety). Warum ist dies wichtig? Spezialisierte Einsatzkräfte sind, genau so wie Spitzensportler, permanent hoher Intensität zusätzlich zum Equipment ausgesetzt. In den vergangenen Jahren haben wir in unseren Workshops eine Vielzahl an Inhalten mit „therapeutischem Kern“ gegeben. Denn so hoch auch Polizisten und Soldaten über eiserne Motivation ihre Leitungsbereitschaft halten können, sind sie eben auch aus den gleichen Zahnrädern gebaut, wie jeder Mensch. Safety ist eine spezifische Basisfähigkeit, auf der taktische Spezialisierungen in ihren Intensitäten aufbauen. Notwendig. Essentiell. Existenziell.

Zweifelsohne müssen auch typische Belastungen und taktische Vorgänge mit der entsprechenden Physis unterstützt werden. Hierbei bestimmen nicht allgemeine, sondern spezifische Leistungen die Erfolgswahrscheinlichkeit von Einsatzlagen. Das motorische und athletische Anforderungsprofil ist extrem hoch. Auch mentaler Stress über längere Zeit definiert das Profil. Nun stellt sich die Frage, wie bereitet man ein System, welches – wie besprochen – unbewussten Prozessen unterliegt, eigenmächtig Grundbedürfnisse stets überordnet und das, gegebenenfalls durch permanentes Üben von typischen Abläufen, sich über die Dauer selbst durch das notwendige Equipment negativ beeinflusst, auf derartige kompromisslose Einsätze vor. Über bedingungslose Härte? Über Training permanent an der Leistungsgrenze – oder sogar darüber hinaus? Über Last und Schweiß und Supersätze? Es liegt auf der Hand, dass ein leistungsstabiles und darüber hinaus weiter entwicklungsfähiges System eine andere Zuwendung braucht.

Präzision im Kleinen schafft Leistungsfähigkeit im Großen. Taktik und Equipment sind beides Werkzeuge, um über spezifische Fähigkeiten die bestmögliche Wirkung (force) zu erzielen. Dieser Punkt stellt im Kern keinen Unterschied zu Profilen im Spitzensport dar. TACTICAL ATHLETIC bedient sich erprobten und erfolgreichen Strategien aus klugen Profiling und erfolgreichen Trainingsstrategien des Leistungssports. Force für taktische Einsatzkräfte hat gegenüber dem Spitzensport nur einen feinen Unterschied – der zweite Sieger ist der erste Verlierer! Hierbei gibt es keinen Raum für Toleranzen. Knallhart. Kompromisslos. Präzise.

FAZIT:

TACTICAL ATHLETIC füllt die so wichtige Lücke zwischen Taktik und Equipment mit dem Faktor „Mensch“ – spezifisch, nachhaltig und optimiert. Hierbei geht es um zwei Kernbereiche:

– safety/Sicherheit: hier spielen Inhalte der Gesunderhaltung, Nachhaltigkeit und Erhalt von Grundfunktionalität bei Gebrauch von notwendigem Equipment, sowie körperlich belastende Arbeitsprozesse durch taktisches Vorgehgen hinein. Wie schafft der Trainingsraum den notwendigen Ausgleich zur spezifischen Einsatzbelastung.

– force/Wirkung: in akuten Einsatz- und Gefahrenlagen mit Kraft mittels Equipments über Taktik zielführend wirken zu können, hat oberste Priorität. Dennoch benötigen koordinierte Vorgehensweisen und präzise Abläufe nicht nur Härte, sondern ein abgestimmtes und optimiertes Gesamtsystem. Wer auf den Punkt Leistung abbringen muss, sollte sich im Klaren sein, dass die feinen Abläufe die Effektivität im Großen bestimmt.

Der Weg, diese Punkte umzusetzen, sind Inhalt eines abgestimmten Athletiktrainings, welches mit modernen Mitteln und aktuellem Stand der Wissenschaft zielführende Praktiken an den Tag legt. Hierzu ist es unabdingbar, sich mit notwendigen funktionellen, biomechanischen und physiologischen Prozessen vertraut zu machen und diese in richtiger Reihenfolge umzusetzen. Das Wissen hierzu ist nicht geheim, nur liegt es – wie bei allen spezifischen Profilen – nicht offen auf der Hand. Die Ergebnisse müssen zu 100% überzeugen, denn die Folgen wären fatal!

TACTICAL ATHLETIC ist kein 6-Wochenprgramm oder Crossfittraining. Es ist ein sportwissenschaftliches Ausbildungskonzept, das Wissen, Erfahrung und individuelle Umsetzung eines jeden Polizisten oder Soldaten lehrt und praktisch einleitet. Wir sind Profis auf dem sportwissenschaftlichem Gebiet und arbeiten mit Profis aus dem taktischen Bereich. Hier ist kein Platz für Zweitklassigkeit, Trends oder Halbwissen.

Wie trainierst du? Wo stehst du? Kannst du deine Trainingsmethoden gegenüber der Sportwissenschaft rechtfertigen und verteidigen?

Willkommen im Jahr 2019 – welcome to TACTICAL ATHLETIC